Freud und Leid auf der Hauptverkehrsader des Isergebirges

Freud und Leid auf der Hauptverkehrsader des Isergebirges

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»Als ich am Skistadion in Bedřichov ankomme, komme ich nicht umhin gleich mehrere Schneekanonen zu bemerken, die erstarrte Wassertröpfchen auf einen riesigen Schneehaufen speien. Es handelt sich um einen Vorrat an technischem Schnee für mögliches Tauwetter und vor allem für die bevorstehende berühmte „padina“ (=Fufzger), d. h. die Jizerská 50, (das Langlauf-Rennen im Isergebirge mit Strecken bis zu fünfzig Kilometer).«

Ich werde von einem lächelnden Martin Kunc (*1983) begrüßt, der seit dem Jahr 2000 Leiter der gemeinnützigen Organisation Jizerská ist, die sich um das Isergebirger Streckennetz kümmert. Martin, ein gebürtiger Bedřichover, trat im Alter von 18 Jahren als Schneeraupenfahrer in das Unternehmen ein und blieb ihm 25 Jahre lang treu. Seit einem Vierteljahrhundert kennt er das Isergebirge wie seine Westentasche, so dass er die besten Voraussetzungen mitbringt, um alle wichtigen Informationen zu erteilen.

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Die diesjährige Wintersaison hat auf den Isergebirgsstrecken relativ früh begonnen, die erste Präparierung fand am 30. November statt. Martin erklärt mir, dass abgesehen von der notwendigen Schneedecke die Entscheidung, wann die Schneeraupen auf die Forststraßen dürfen, in erster Linie von den jeweiligen Forstverwaltungen des tschechischen Forstdienstes getroffen wird, d.h. sobald sie ihre wirtschaftlichen Aktivitäten im Gebirge, wie z.B. den Holzeinschlag, abgeschlossen haben. Darüber hinaus unterliegen die bewirtschafteten Streckenabschnitte den Genehmigungen und Auflagen der Verwaltung des Landschaftsschutzgebiets Isergebirge.

Er erklärt mir, dass die Loipen der Isergebirgsstrecke in Etappen präpariert werden, zunächst die ersten 120 km, dann 170 km bis zu einem beeindruckenden Loipennetz von insgesamt 250 km! Einige komplizierte Abschnitte von 9-12 km Länge dürfen nicht präpariert werden, z.B. an der Červená ruka /Roten Hand, bei Závory, auf dem Vysoký hřeben/Hohen Kamm, nicht einmal bis zur Neustadt Kyselka wird gefahren. Die Isergebirgsstrecke schließt auch an die Loipen im polnischen Teil des Gebirges an, und zwar unterhalb von Jizerka in der Nähe der Karlův most/Karlsbrücke, wo sie nach Orle und weiter über polnische Wege führt. 

So bietet es sich an mit dem Zug von Liberec oder Jablonec nach Jakuszyce zu fahren und von dort aus den polnischen und tschechischen Teil des Gebirges auf dem Rückweg zu überqueren. Die Tour ist natürlich für einen ganzen Tag gedacht, und dann eher für erfahrene Langläufer. 

Insgesamt gibt es 23 Ausgangspunkte auf der Isergebirgsstrecke. Die Bemühung der Loipen-Betreiber liegt darin, dass alle gleichmäßig genutzt werden und es in den bekanntesten Gebirgsorten wie Bedřichov, Hrabětice, Jizerka oder Smědava zu keinem Kollaps kommt. 

Martin begrüßt es sehr, dass die Besucher der Isergebirgsstrecke zunehmend die öffentlichen Verkehrsmittel aus Liberec und Jablonec nutzen, wo stündlich Busse nach Bedřichov fahren. Und auch die bereits erwähnte Gebirgsbahn Liberec-Jablonec nad Nisou-Tanvald-Harrachov-Szklarska Poręba wird von vielen Menschen immer häufiger genutzt.

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Dies belegen die Zähler an ausgewählten Standorten, an denen die einzelnen Besuche erfasst werden. Das Bedřichov-Stadion ist jedoch nach wie vor führend mit einem täglichen Spitzenaufkommen von 3500 bis 4 000 Skifahrern, während in Jizerka oder an der Talsperre Protržená, wo Satelliteninternet für die Skifahrer eingerichtet wurde, geringere Zahlen verzeichnet werden. In der gesamten Wintersaison fasst die Isergebirgsstrecke eine Million Skilangläufer, d. h. 99 % aller Besucher des Isergebirges. 

Ich erfahre, dass die gemeinnützige Gesellschaft Jizerská, den ganzen Winter über vier Schneeraupen betreibt; zwei in Bedřichov, die das Rückgrat der Jizerská 50 instand halten, und je einen auf der Jizerka und dem Abschnitt der Talsperre Protržená und in Desná. Eine Schneeraupe legt etwa 50 km an Loipen zurück. Eine Präparierungsfahrt dauert 4-6 Stunden, manchmal auch länger (je nach Untergrund), und wird mindestens 3 Mal pro Woche durchgeführt, denn durch häufigere Fahrten soll der Schnee verdichtet werden und länger halten. Bei Neuschnee fahren die Raupen in den frühen Morgenstunden los, ansonsten werden die Spuren nachts gezogen. Es gibt jedoch auch problematische Abschnitte, auf denen entweder nur wenig Schnee liegt und dieser früh schmilzt, wie auf dem Abschnitt von der Abzweigung bei Krásná Maří bis Žďárk, oder im Gegenteil, mit übermäßigem Schneefall in der Ansiedlung Peklo und auf Mariánská Hora. 

Kostensteigernd wirken sich auch Investitionen in die Technik aus, die für einen reibungslosen und sicheren Betrieb unerlässlich ist, und so hat die Organisation kürzlich Gummiriemen für zwei Schneeraupen angeschafft. Diese ermöglichen einen schonenderen Betrieb auf den Strecken im Vergleich zu den ursprünglichen Metallbändern, graben sich 10 cm in den Schnee ein und können dann wieder auf normale Straßen zurückkehren. 

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Und was die Organisation des Serviceunternehmens selbst betrifft, so sagt Martin: „Wir arbeiten zu siebt im Betrieb, vier davon sind hauptsächlich in der Wintersaison beschäftigt. Im Sommer wird die Ausrüstungstechnik und das Rennen vorbereitet, Flugvegation auf den Strecken beseitigt... Wir haben ein junges Team, zunächst damit sie eine Beziehung zur Arbeit entwickeln und dann um Nachfolger heranzuziehen.“ 

Ich frage den Direktor Martin Kunc, ob ein weiterer Ausbau der Isergebirger Streckennetzes geplant ist, woraufhin er sagt: „Wir bereiten eine Beschneiungsanlage auf der zwei Kilometer langen Strecke vom Stadion bis nach Buk vor, wo der Höhenunterschied 100 m beträgt, was sich bereits bei der Erhaltung einer durchgehenden Schneedecke bemerkbar macht. Dank dieses Systems wird es möglich sein, eine 4-6 km lange Runde zu präparieren. Wir haben auch das Projekt eines neuen Gebäudes am Stadion fertiggestellt, in dem die Langläufer Umkleideräume und Duschen vorfinden werden. Eine gültige Baugenehmigung liegt bereits vor, aber wir warten noch auf die Subventionen, damit der Bau im Frühjahr 2026 beginnen kann“, sagt Martin optimistisch.

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Wir sind uns alle bewusst, dass das Isergebirge dank der Isergebirgsstrecke zu einem der größten Langlaufgebiete mit einer Million Besuchern geworden ist. Viele kritisieren, dass es kaum noch Platz für Spaziergänger oder Wanderer gibt, ganz zu schweigen von denen mit Hund. 

Deshalb frage ich Martin, was man dagegen tun kann und ob es eine Kompromisslösung gibt? „Wir sind uns der Probleme mit den Spaziergängern bewusst, aber die vier Meter breiten Wege erlauben nicht an allen Stellen einen Spazierweg entlang der gefrästen Loipen. Dafür sind gemischt genutzte Wege gedacht, auf denen sich Wanderer und Skifahrer tummeln. Wir können niemanden von den Wegen verbannen, wir können die Leute nur auffordern, die Spuren nicht zu zerstören. Aber bei so viel Skifahrerverkehr ist die Sicherheit ein viel größeres Problem. An vielen Stellen gibt es steilere Abfahrten und die Skifahrer erreichen höhere Geschwindigkeiten, und nicht jeder ist ein guter Skifahrer, um Fußgängern auszuweichen“. Martin zuckt mit den Schultern und fügt hinzu: „Wir appellieren auch an die Hundebesitzer, die die Verantwortung für das Verhalten ihres Hundes übernehmen sollten. Es hat schon Fälle gegeben, in denen ein Hund Verletzungen verursacht hat und alles vor Gericht gebracht wurde. 

Dann gibt es immer mehr Fälle, in denen Menschen rücksichtslos oder sogar gemein zueinander sind, es gibt Intoleranz zwischen Langläufern unter sich, bei Klassikern und Skatern. Es ist einfach so, dass auf der Loipe die Geübten auf die Anfänger, Kinder, Jugendliche und Senioren treffen. Aus Sicherheitsgründen und zur Wahrung der Ruhe der Wildtiere stört uns auch der Nachtskilauf nach 22 Uhr, aber einige so genannte „Scheinwerferläufer“ halten sich einfach nicht an diese Stunde“, schließt Martin. 

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Ich erfahre auch, dass die gemeinnützige Gesellschaft Jizerská, auch Skilanglaufveranstaltungen für Schulen, Firmen und Sportler organisiert. Ihr Hauptrennen, das so genannte Eröffnungsrennen der Saison, ist der Night Light Marathon, der immer am zweiten Januarwochenende stattfindet - dieses Jahr zum 17. Mal mit mehr als 700 Teilnehmern. Alle Altersklassen starten am frühen Abend und enden kurz vor 22 Uhr, um ein Zeichen für andere „Scheinwerferläufer“ zu setzen. 

Unser einstündiges Gespräch, in dem Martin mehrere dringende Telefonanrufe entgegennehmen musste, neigt sich langsam dem Ende zu. Und so frage ich ihn, der das Isergebirge als Teil seiner Heimat betrachtet, ob er selbst überhaupt jemals auf die Strecke kommt.

„Ich weiß nicht mehr, wann ich mir über den Winter eine Auszeit genommen habe und irgendwo hingefahren bin. Am liebsten fahre ich Snowboard, ab und zu Langlaufski, eher als Tourist, aber im Winter komme ich nicht viel dazu“, bemerkt Martin, der achte Direktor des Betriebes und fügt hinzu: “Man arbeitet hier an den Wochenenden und sogar an den Feiertagen... und ich betrachte es nicht als gewöhnlichen Job, es ist eine Herzensangelegenheit, und es macht mir weiterhin Spaß!“

Pavel D. Vinklát, Fotoarchiv 

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