"Es amüsiert mich, wenn die Leute sagen, dass sie nicht an Nano glauben", sagt Fatma Yalcinkaya

"Es amüsiert mich, wenn die Leute sagen, dass sie nicht an Nano glauben", sagt Fatma Yalcinkaya

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»Nano im Umweltschutz. Was macht Fatma Yalcinkaya?«

Sie hat neue Wege für den Einsatz von Nanofasern im Umweltbereich entdeckt. Fatma Yalcinkaya ist eine Wissenschaftlerin, deren Name sowohl im In- als auch im Ausland, immer mehr an Bedeutung gewinnt. Vor mehr als einem Jahrzehnt war es die Nanowelt, die sie aus der Türkei an die Technische Universität Liberec lockte.

 

Fatma kommt pünktlich zu unserem Gespräch und ist auf jede Frage vorbereitet. Es ist auf den ersten Blick klar, dass sie eine feste Richtung hat, die sie einschlagen möchte, aber trotzdem wirkt sie sehr bescheiden und freundlich. Ihr Engagement und ihr Fleiß zahlen sich aus. Denn laut Elsevier und SciTech Strategies in Zusammenarbeit mit der Stanford University gehört sie seit vier Jahren in allen von Scopus erfassten Bereichen zu den 2 % der weltweit am häufigsten zitierten Wissenschaftlern.

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Nano-klein, mega-interessant

 

Fatma entschied sich für die Textilindustrie in der Türkei, weil sie sich zu dieser Zeit auf einem hohen Niveau befand. Für ihr Erasmus-Praktikum wählte sie die Technische Universität Liberec. Hier geriet sie in den Bann der Nanowelt. "Die Nanowelt ist wirklich klein, aber trotzdem auch sehr interessant. Mir gefällt, dass sie eine multidisziplinäre Kombination aus Chemie, Polymeren Materialien und der Physik ist. Ich habe mich für Liberec entschieden, weil die Stadt weltweit führend in der Nanotechnologie ist", sagt sie.

 

An der TUL lernte sie Oldřich Jirsák kennen, der den ersten industriellen Nanospider herstellte. Und sie war zu Recht beeindruckt. Eine Nanospinne kann man sich eigentlich als eine Spinne vorstellen, die so dünne Fäden bildet, dass man ein Mikroskop braucht, um sie gut sehen zu können. Aber dieses Gerät arbeitet viel schneller und ist etwas größer als ein Mensch. Und es ist die Geschwindigkeit, die die Nanospinne bahnbrechend macht.

 

Partner auch in der Forschung

 

Im Jahr 2010 beschloss sie, dauerhaft nach Liberec zu ziehen und nahm auch ihren Ehemann mit, der ebenfalls zuerst bei TUL arbeitete. Zur Zeit aber für ein Unternehmen tätig ist. Sie und ihr Mann sind auch Partner in der Forschung und helfen sich gegenseitig aus. "Er ist eine Stütze für mich, auch wenn er mir einmal aus Versehen einen Stromschlag verpasst hat", lacht sie. "Nach einem anstrengenden Tag, an dem ich Messungen für meine Dissertation vornahm, hatte ich noch meine Finger an der Nadel, an der sich die Fasern bilden. Da ist Elektrizität dran. Und mein Mann hat es nicht bemerkt und aus Versehen Strom in mich hineingelassen. Es war nicht ausdrücklich schmerzhaft, aber unangenehm", erinnert sich Fatma.

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Kontakte zwischen Forschung und Industrie

 

Bevor Fatma zum Institut für Nanomaterialien, fortgeschrittene Technologien und Innovationen der TUL kam, arbeitete sie in einem Forschungsunternehmen, das teilweise vom Staat unterstützt wurde und sich mehr auf die Grundlagenforschung konzentrierte. "Dort gab es High-End-Instrumente, wir wurden an den verschiedensten Instrumenten geschult und konnten sie auch benutzen. Es gab dort die einmalige Gelegenheit, viel häufiger in den Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Auf der anderen Seite, gab es aber viel Konkurrenz und der Druck war entmutigend. Bei TUL ist das anders, wir können nur an den Instrumenten innerhalb unserer Abteilung arbeiten. Wenn wir doch ein anderes Instrument verwenden würden wollen, müssen wir ein Projekt finden, welches dann vom Intitut finanziert wird. Die Einrichtungen hier sind großartig", erklärt Fatma, für die der positive Aspekt von CXI TUL darin besteht, dass die Leute dort sehr nett sind und es eine enge Verbindung zur Industrie gibt. Sie kann sich vorstellen, dass ihre Forschung in der Industrie genutzt wird.

 

"Ich konnte mir nie vorstellen, welche Richtung ich einschlagen würde. Ich wollte die Welt bereisen und auch erforschen. Als Wissenschaftlerin ist es genau das, was ich gerade mache. Es macht mir wirklich Spaß, neue Leute kennenzulernen und neue Forschungsrichtungen zu erkunden. Die Arbeit an einer Universität bietet mir mehr Möglichkeiten, zum Beispiel neue Forschungsarbeiten zu beginnen. In der Industrie bin ich tatsächlich näher an der direkten Anwendung. In der Tat ist es nicht so einfach, neue Forschungsarbeiten zu starten", zählt Fatma die Gründe auf, warum sie sich für eine Karriere als Wissenschaftlerin an der Universität entschieden hat.

 

Wer glaubt nicht an die Nanotechnologie?

 

Freude. Ich spüre sie bei Fatma, als sie ihre Forschung über mikrobielle Brennstoffzellen beschreibt. Eine solche Zelle besteht aus Mikroorganismen aus dem Abwasser, und das Abwasser dient ihnen auch als Quelle für organische Stoffe, die ihre Nahrung sind. Die Bakterien wandeln die Nahrung in Elektronen um. Und die darin enthaltene Energie wird weiter genutzt. "Mikrobielle Brennstoffzellen bleiben nicht nur im Labor. Ioannis Ieropoulos und sein Team im Vereinigten Königreich arbeiten daran, dieses System für die Stromversorgung des Glastonbury-Festivals zu nutzen, oder in Afrika als Lichtquelle in öffentlichen Toiletten zu verwenden."

 

"Ich bin immer überrascht, wenn jemand sagt, er glaube nicht an Nano", erklärt Fatma amüsiert ihre Forschung. "Dabei gibt es so viele verschiedene Anwendungen. Ich arbeite zum Beispiel an Membrantechnologien für die Reinigung und Wiederverwendung von Wasser. Die Membranen, die ich selbst aus Nanofasern herstelle, können ein ganzes Spektrum spezifischer Stoffe zurückhalten, sogar Mikroplastik oder ölige Substanzen. Eine solche Membran kann aber auch für die Wasserentsalzung, oder als Trägerschicht für die Luftfiltration verwendet werden", schwärmt sie und erläutert die zukünftigen Richtungen ihrer Forschung.

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Unter der Haube von Unternehmen

 

Fatma arbeitet derzeit am intensivsten an einem vom internationalen Visegrad-Fonds finanzierten Projekt, das die Technische Universität Liberec mit akademischen Einrichtungen in Polen und Ungarn sowie mit Industrieunternehmen verbindet. "Unser Ziel ist es, durch die Verbindung von akademischen Einrichtungen und der Industrie ein kompaktes Netz im Bereich der Nanofasern in den V4-Ländern zu schaffen. Ich bringe also mein Wissen über Nanomembranen dort überall ein. Es ist ein Projekt, das sich mehr auf den Erfahrungsaustausch konzentriert, aber da wir auch mit Unternehmen zusammenarbeiten, wissen wir, welche Probleme die Industrie umtreiben und woran wir noch arbeiten müssen. Ich denke, wenn die Wissenschaft hinter verschlossenen Türen bleibt, hat es keinen Sinn. Ich bin sehr für eine offene Wissenschaft, denn eine offene Wissenschaft erleichtert den Wissensaustausch und trägt zur internationalen Entwicklung der Wissenschaft bei. Im Moment bin ich mit den Vorbereitungen für einen Workshop beschäftigt", sagt Fatma abschließend.

 

Tschechische Familie

 

Und wo sieht sich Fatma in fünf Jahren? Wieder am CXI TUL. Sie ist einfach glücklich hier, vielleicht weil sie am Anfang sehr herzlich empfangen wurde. Ihr Doktorvater holte sie am Flughafen ab und brachte sie zu ihrem Zimmer, das sie mit ihrer Mitbewohnerin teilen sollte. Er half ihr mit dem Gepäck und kaufte einige Lebensmittel ein, damit sie sich gleich eine Mahlzeit zubereiten konnte. "Meine Mitbewohnerin dachte, er sei mein Vater. Und tatsächlich wurden mein Doktorvater und seine Frau zu meiner tschechischen Familie. Ich weiß ihre Hilfe wirklich zu schätzen."